Wie alles begann.

In diesen Tagen ist die 15. Auflage meines ersten Buches „Besser leben ohne Plastik“ bei mir eingetrudelt. Das erfüllt mich mit stolz und macht zufrieden. Denn es bedeutet schließlich auch, dass ich viele Menschen mit meinen Büchern erreiche und somit ein Umdenken in der Gesellschaft stattfindet. Angefangen hat alles mit einem Umdenken in meinem Kopf. Und das war gar nicht geplant.

Ich war schon immer ein Mensch, der zu seinen Entscheidungen steht. Der durchzieht, was er sich vorgenommen hat und der dabei diszipliniert ist. Selten wurden meine Entscheidungen angezweifelt. Nie wurde an mir gezweifelt oder daran, dass ich das schaffe, was ich da vorhabe. Und vielleicht wurde die Anti-Plastik-Bewegung deshalb so groß, weil ich zu dem stehe, was ich verbreite.

Im Frühjahr 2013 war ich schwanger mit unserem zweiten Kind. Inzwischen bin ich Mutter einer 6-jährigen Tochter und eines 15-jährigen Sohnes. Schon im Mutterschutz sah ich eine Reportage über Plastikmüll im Fernsehen. Verschmutze Meere, verdreckte Umwelt, sterbende Tiere und Weichmacher im Körper aus Lebensmittelverpackungen.

Schockierende Bilder

Die Bilder haben mich berührt und schockiert. Ich wollte nicht dafür verantwortlich sein, dass die Welt in Plastik ertrinkt. Ich wollte nicht daran schuld sein, dass Vögel, Fische, Delphine und Wale elendig an gefressenem Plastik verrecken müssen. Und ich wollte mir nicht vorwerfen müssen, meine Kinder mit in Plastik verpackten Lebensmitteln krank zu machen.

Noch am selben Tag fiel die Entscheidung: Familie Schubert lebt ab sofort plastikfrei. Ich habe meinem Mann davon erzählt. Er fragte mich, ob er da auch etwas tun müsse. „Ja! Du wirst nur noch Getränke in Glasflaschen kaufen“, war meine Antwort. Gesagt, getan. Am nächsten Tag begann das Leben ohne Plastik.

Aller Anfang war nicht schwer

Ganz ehrlich: Ich wusste sofort, was ich anders machen konnte. Schließlich gab es auch 2013 schon Joghurt und Milch in Pfandgläsern. Es gab Säfte in Glasflaschen und Ketchup musste man auch nicht in der Plastiktube kaufen. Es waren die kleinen Dinge beim Lebensmitteleinkauf, die ich geändert habe.

Ich bin auch sofort mit meinen Dosen an die Wurst- und Käsetheke. Von Anfang an hat mich niemand abgewiesen. Ich bekam meine Waren immer und überall in meine mitgebrachten Gefäße.

Und in der Obst- und Gemüseabteilung kaufte ich strikt nur noch, was ich unverpackt bekam.

Einige Dinge waren nicht so leicht. Ich musste meinen damals 8 Jahre alten Sohn davon überzeugen, nicht mehr so viele Cornflakes zu essen. Ohne Plastikverpackung gab es die nicht, also reduzierten wir. Damit war er einverstanden.

Nudeln gab es nur noch von Barilla (am Anfang fiel mir nichts besseres ein), Chips und Gummibärchen kaufte ich gar nicht mehr.

Verzicht oder Gewinn?

Es fiel mir gar nicht schwer so einzukaufen. Ich musste nicht lange suchen. In meinem Supermarkt kannte ich mich schließlich aus und fand schnell die Alternativen. Schließlich stehen sie im Regal nebeneinander.

Das gab mir ein gutes Gefühl und reichte für den Anfang auch. Über alles andere machte ich mir am Anfang noch keine Gedanken. Nun sollte erstmal meine Tochter auf die Welt kommen. Eine Welt, die für uns Schuberts schon ein wenig plastikfreier geworden war.

Schritt für Schritt

Es gab damals Änderungen, dir mir sehr wichtig waren und solche, die ich noch auf die Lange Bank schob.

Die Geburt meiner Tochter war mit einer großen Operation verbunden, von der ich mich nur langsam erholte. Nach den acht Wochen Mutterschutz hatte ich einen Monat Elternzeit, danach musste ich zurück zur Arbeit. Da war meine Tochter vier Monate alt und mein Sohn gerade in die dritte Klasse gekommen.

Der Lebensmitteleinkauf war kein Problem. Aber ich konnte mich nicht mit Stoffwindeln anfreunden. Ich dachte, ich hätte zu wenig Zeit zum Waschen, hatte Angst vor dem Gestank. Also kaufte ich Windeln im Biosupermarkt – aus Maisstärke und Zellulose – aber zum Wegwerfen. Stoffwindeln habe ich erst ab dem zweiten Lebensjahr verwendet, damit ist sie sauber geworden. Hätte ich gewusst, dass es so einfach ist, hätte ich schon früher welche besorgt.

Heute sehe ich das gelassener. Alles braucht seine Zeit. Druck hilft nicht. Man muss bereit sein für gewisse Schritte. Das musste ich aber erst lernen.

Die Suche nach Alternativen

Ich begann, mich auf die Suche nach Alternativen zu machen. Womit wasche ich meine Wäsche, damit keine Schadstoffe ins Abwasser gelangen? Was nehme ich zum Putzen, wenn ich die Reiniger in Plastikflaschen nicht mehr kaufen will? Wie komme ich an Zwieback zum Knabbern fürs Kind, wenn der doch nur in Plastikverpackungen zu kriegen ist?

Ich durchsuchte das Internet nach Lösungen und fand keine. Es gab nur einen Unverpackt-Laden. In Kiel. Ich wohne in Bayern. Das ging also nicht. Es gab Frag Mutti.de, wo ich erfuhr, dass man mit Essig fast alles im Haus putzen konnte. Es gab meine Tante mit über 90, die mir erzählte, wie sie früher mit Soda und Kernseife Wäsche gewaschen hat. Und es gab Internetseiten mit Rezepten, die mir Rezepte für viele Dinge lieferten, die ich ohne Plastik nicht bekommen konnte. Es gab Facebook, wo ich einige Erfahrungen mit meinen Freunden teilte.

Doch eines gab es nicht: Eine Seite, auf der man alle Tipps gebündelt nachlesen konnte. Aber ich wollte doch, dass viele umdenken! Dass die Menschen erkennen, dass wir so nicht weitermachen können. Mit unserem Müll. Mit unserem Gift. Und ich wollte zeigen, dass es gar nicht so schwer ist, etwas zu ändern. Also begann ich zu schreiben.

frau schubert bloggt – Besser leben ohne Plastik

So nannte ich meinen Blog. Und am 2. November 2013 schrieb ich meinen ersten Blogartikel mit dem Titel: Den Anfang wagen

Ich saß nächtelang über den Blogartikeln. Denn ich hatte ja schon einiges zu erzählen und wollte die Seite füllen, damit alle, die nach Lösungen suchten, diese auch fanden. Und tatsächlich. Es gab in den zwei Monaten, die das Jahr 2013 noch hatte, genau 373 Besucher auf meinem Blog. Für mich waren das 373 Menschen, die zusammen kiloweise Plastik sparen konnten. Das war ein Riesenerfolg für mich.

Es dauerte auch gar nicht lange bis die erste Anfrage für eine Veranstaltung kam. Im März 2014 sollte ich in Nürnberg an einer Podiumsdiskussion teilnehmen. 100 Gäste wollten hören, wie schlimm die Auswirkungen von Plastik auf Körper und Umwelt sind. Und ich sollte erzählen, wie ich es anders mache. Dabei hatte ich eine Holzzahnbürste und eine Stofftasche. Damit ich zeigen konnte, was ich an Alternativen gefunden hatte. Den Abend habe ich im Artikel „Nürnberg war eine Reise wert“ verarbeitet.

Es ist lustig, zu lesen, was ich damals gelernt und mir vorgenommen habe.

Vom Blog zum Buch

Der Blog wurde immer bekannter. Es war Deutschlands erster Blog, der sich mit dem Thema „Leben ohne Plastik“ befasste. Den Begriff „Zero Waste“ gab es damals überhaupt nicht. Jeder, der Hilfe suchte, nachhaltige Produkte herstellte oder einen Referenten brauchte, kam zu mir. Ich hatte viel zu tun und das war gut so.

2014 hatte ich 17.300 Leser und 81.000 Klicks, 2015 waren es schon 54.000 Leser und, sage und schreibe, 310.500 Klicks, die meine Blogstatistik anzeigte.

Und 2015 war das Jahr, in dem die Weichen für mein heutiges Leben gestellt wurden. Anneliese Bunk kam auf die Idee, aus dem Blog ein Buch zu machen, meine und ihre Erfahrungen zu bündeln und zu veröffentlichen.

Wir schrieben das komplette Buch, Anneliese machte die gesamte Grafik, wir dachten uns einen Titel und das Cover aus und erst dann suchten wir einen Verlag. Wir hatten also ein fertiges Werk in der Tasche und dachten, es könne genau so gedruckt werden. Da holte uns die Verlagsrealität ein.

Im Oktober 2015 unterschrieben wir unseren Buchvertrag, der oekom Verlag machte aus dem Entwurf ein Buch und am 22. Februar 2016 stand der Titel dann in allen Läden.

Die erste Auflage war nach drei Tagen ausverkauft. Damit hatte niemand gerechnet. Vier Monate später rief der Spiegel an und hob uns auf die Bestsellerliste. Insgesamt 17 Wochen hielt sich Besser leben ohne Plastik da. 

Ich saß in Talkshows, Morgenmagazinen, ständig war das Fernsehen da, hatte unzählige Vorträge, wurde von der Bundesregierung eingeladen und dort als „Deutschlands Expertin für Plastikvermeidung“ vorgestellt. Es war schon wahnsinnig, was da passierte.

Am Anfang war ich ganz allein

Rückblickend sage ich heute: „Schaut, ich habe einfach angefangen.“ Weil ich dachte, ich muss was ändern. Erst kam ich, dann kamen die anderen, die ich mitnehmen wollte auf den Weg. Die ich überzeugen wollte, sich und ihr Konsumverhalten zu überdenken. Natürlich gab es damals Menschen, die ähnlich handelten. Aber wir kannten uns nicht. Man hörte nichts voneinander.

Und heute fühle ich mich manchmal ein bisschen wie Greta Thunberg, wenn ich zurückblicke. Sie saß mit ihrem Schild auf der Straße. Allein und schweigend. Wollte, dass man ihre Botschaft wahrnimmt. Was daraus geworden ist, wissen wir.

Und ich höre, wie Greta, nicht auf damit, zu erzählen, wie wichtig es ist, weniger Plastik zu kaufen. Für die Umwelt und die Gesundheit. Ich höre nicht damit auf, zu sagen, dass Plastikvermeidung auch Klimaschutz ist. Und ich merke, dass ich damit auch nicht aufhören kann. Denn es hat noch nicht jeder gehört.

Herzlich willkommen auf meinem Blog, liebe Leserin, lieber Leser. Du bist einer von 300.000, die jedes Jahr hier landen. Schön, dass du da bist!

 

 

 

11 Gedanken zu “Wie alles begann.

  1. Vielen Dank liebe Nadine! Deine Vorträge sind großartig. Man merkt Du bist mit vollem Herzen dabei und seit ich Dich gefunden habe, habe ich schon viel geändert und umgesetzt. Klappt nicht immer alles, aber wir sind mit unserem Haushalt auch auf einem guten Weg. Danke Dir für den Anstoß und die super Tipps aus dem Alltag.
    Liebe Grüße
    Heike

  2. Hallo Frau Schubert,
    ich bin schon eine ganze Weile „stiller“ Mitleser.
    Vielen Dank für Ihren tollen Blog und die vielen Tipps und Ideen.
    Ich habe seither viel geändert und auch schon einige Menschen in meinem Umfeld zum Nachdenken gebracht… Vormachen steckt einfach an!!!
    Liebe Grüße

  3. Meine liebste Nadine, danke für deine tollen Tipps. Letzte Woche haben die Buben um die 15 Kilo Kastanien angeschleppt. Und ich bin am Mixen und Trocknen fürs Waschmittel. Bei jedem Waschgang denke ich an Dich. Danke fürs Augenöffnen auch wenn es bei uns Zuhause nur in kleinen Schritten geht- wir versuchen’s!!!! Liebe Grüße ♥️

  4. Ich habe nach einer BR2 Sendung erst vom Buch/Blog erfahren. Mehreres kam mir sehr bekannt und sympatisch vor, als Beispiel „Windeln“. Gleiche Diskussionen führten wir in den Jahren 1973-1980 als meine Babys geboren wurden…….Großer Unterschied denke ich- wir waren auch damals schon Selbstversorger so weit es ging uns Plastik war kein Thema. Meine Mutter wusch die Tüten, nachdem erst alles gereinigt und gedreht wurde und die landeten draußen auf der Wäscheleine. Ganz, ganz schade, das meine Kinder sich weit entfernt haben von den Beispielen von Mutter und mir. Dabei werde ich oft schief angesehen, denn wie verrückt ist es wenn man alt ist und nicht bequen reisen möchte? Seid eh und jeh fahre ich am liebsten mit der Bahn, fliegen? Nie, wenn die Bestimmung weit weg ist wie eine Hochzeit von Freunden in Tailand bleibt da nix anderes übrig als Internet… Nach Irland kann man auch mit der Fähren kommen, nur es gibt mehr Zeitaufwand. Ist das schlimm? Uns ist es wichtig die Umwelt so viel wie möglich zu schonen auch für unsere Enkel. Wer ist da nicht begeistert? Genau unsere Kinder, jetzt 40-50 Jahre alt und genießen ihr Leben auf ihre Art und Weise. Kann ich nicht verstehen, weiß aber nix ein zu wenden.
    Lieben Gruß,
    Annette

    umgedreht und gereinigt wurde und alles landete draußen auf der Wäscheleine im Wind.

    1. Ich weiß aus Erzählungen und aus meiner Kindheit, dass das natürlich auch früher Thema war. Ich weiß aber auch, dass damals viele als Ökos abgestempelt wurden. Heute ist die Akzeptanz, zum Glück, größer. Nur sind eben auch die Müllmengen und die damit verbundene Gleichgültigkeit gestiegen.

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