Influencer vs. Sinnfluencer

Die Welt wird grüner! Das könnte man zumindest denken, wenn man sieht, wie viel Geld die Unternehmen dafür ausgeben, ein bisschen Aufmerksamkeit von denen zu bekommen, die nachhaltig leben wollen. Ein Geschäft, das Geld bringt. Nachhaltigkeits-Blogger und grüne Influencer auf Instagram verdienen gut daran. Aber darf man für alles Werbung machen, nur, weil es ein bisschen grüner ist?

Ich mache mir viele Gedanken über das, was ich jeden Tag verbreite. Denn ich schreibe ja nicht nur Bücher und Blogartikel, sondern habe seit zwei Jahren auch ein Profil auf Instagram. Ich überlege mir jeden Post gut und versuche, immer einen guten Tipp zu geben, der es den Menschen leichter macht, ein nachhaltigeres Leben zu führen. Mit weniger Müll, weniger Plastik, weniger Aufwand und weniger Lebensmittelverschwendung. Der Kanal ist mein Hobby, ich verdiene kaum Geld damit. Auch mein Blog ist keine Einkommensquelle. Zumindest könnte ich niemals davon leben, Blogartikel zu schreiben oder Insta-Posts zu veröffentlichen.

Das heißt: Ich könnte schon! Aber dann müsste ich viele Kooperationen annehmen und aus MEINEM Blog eine Werbeseite machen! Und das will ich nicht. Punkt.

Hier ein kleiner Einblick in das, was ich auf Instagram treibe.

Was ist ein Influencer?

Wikipedia sagt: Als Influencer (von englisch to influence ‚beeinflussen‘) werden Personen bezeichnet, die aufgrund ihrer starken Präsenz und ihres hohen Ansehens in sozialen Netzwerken als Träger für Werbung und Vermarktung in Frage kommen.

Bin ich ein Influencer?

Meine Definition von Influencer sieht anders aus. Denn, zumindest auf dem Sektor Nachhaltigkeit, darf man nicht nur Träger für Werbung sein. Man muss den Einfluss, den man hat, nutzen, um Änderungen herbeizuführen.

Deshalb bin auch ich ein Influencer. Weil ich Einfluss habe! Die Menschen hören mir zu, befolgen meine Ratschläge, wünschen sich sogar oft welche. Ich kann Menschen, Politiker und Unternehmen beeinflussen, Dinge zum Besseren zu verändern.

Das funktioniert, indem ich meine Tipps teile, indem ich Politikern schreibe, mich mit ihnen treffe und Gesetzesänderungen einfordere oder Vorschläge unterbreite, die auch dem Handel helfen, nachhaltiger zu agieren. Und letztlich kann ich selbst Unternehmen beeinflussen, indem ich nur solche unterstütze, etwa mit meinem Einkauf, also mit meinem Geld, die nachhaltig und fair handeln.

Was geht und was geht nicht?

Ich spreche hier für mich und kann natürlich nicht auf alle schließen. Aber ich finde, wenn Personen in der Öffentlichkeit stehen und sich mit Produkten zeigen, darf man auch mal seine Meinung sagen.

Ich nehme kein Geld von Unternehmen, die Greenwashing betreiben. Und was ich für Greenwashing halte, entscheide ich selbst! Ich bekomme jeden Tag Anfragen. Und ich lehne jeden Tag Anfragen ab!

  • Ich kann keine Werbung für einen Stromanbieter machen, der nun auch Ökostrom anbietet, aber gleichzeitig Kohlekraftwerke betreibt.
  • Ich kann keine Werbung für große Lebensmittelhändler machen, die irgendwas auf den Markt schmeißen, um Aufmerksamkeit zu bekommen, die ansonsten aber weder ihre Mitarbeiter fair behandeln, noch an ihren, oft unnötigen, Verpackungen arbeiten.
  • Ich kann keine Werbung für Unternehmen machen, die Teller aus Palmenblättern kleben lassen, auch, wenn Frauen in Pakistan damit ihren Lebensunterhalt finanzieren, weil wir alle schlicht und einfach keine Wegwerfteller brauchen!

Nicht jeder Ansatz der Unternehmen ist falsch. Und trotzdem brauchen wir nicht jedes vermeintlich nachhaltige Produkt! Wir haben doch schon genug!

Follower sind doch nicht doof!

Ich behaupte, die Menschen, die mir folgen, die meine Bücher lesen und meine Vorträge besuchen, befassen sich nicht zum ersten Mal mit dem Thema Nachhaltigkeit. Es sind Menschen, die wissen, dass übermäßiger Konsum negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt hat. Die wissen, dass zu viel Zucker schlecht für Gesundheit und Figur ist. Und Sie können Werbung von Sinnstiftung unterscheiden!

Green Lifestyle ist nicht Green Living!

Es gibt einen Unterschied zwischen dem Lebensstil und dem, was wir leben – und was wir vorleben! Wir haben Verantwortung. Für die Welt, in der wir leben, für unsere Kinder und, als Influencer, auch für die Menschen, die uns zuhören!

Green ist in. Green ist das neue Schwarz. Green bringt Geld.

Aber darf ich mich als nachhaltiger Influencer bezeichnen, wenn ich Geld von beliebigen Unternehmen annehme? Und darf ich das auch noch verteidigen, indem ich sage: „Da gibt es doch noch viel Schlimmeres an Werbung, als das, was ich mache?“

Ich darf nicht! Denn damit deute ich wieder auf die anderen! Nur, weil andere schlimmer sind, darf ich nicht ein bisschen schlimm sein! Nur weil Amerikaner mehr Plastikmüll produzieren als Deutsche, heißt das nicht, dass wir nichts ändern müssen! „Hört auf, auf die anderen zu zeigen und macht euch selbst Gedanken!“, möchte ich vielen zurufen!

Follower müssen Feedback geben

Das Schöne an der Sache ist: Ihr habt es in der Hand! Wir haben es in der Hand! Ich bin ja auch Followerin und schaue mir an, was andere so machen. Influencer leben davon, dass ihre Beiträge gelesen und ihre Videos gesehen werden. Keine Follower, keine Kohle. So einfach ist das.

Und das können wir beeinflussen. Wir beeinflussen die Beeinflusser! 

Gebt Rückmeldung! Sagt, wenn euch Werbung nicht gefällt, weil ihr sie vielleicht für sinnlos haltet. Folgt auch mal jemandem nicht mehr, wenn ihr das Gefühl habt, es wird zu kommerziell.

Denn es ist nicht egal, wofür wir unser Geld ausgeben. Und es ist nicht egal, wie nachhaltige Blogger ihr Geld verdienen. Und wer von selbst nicht darauf kommt, muss „sinnfluenced“ werden. Von mir. Von dir. Von uns.

20 Gedanken zu “Influencer vs. Sinnfluencer

  1. Hallo Frau Schubert,

    sehr interessanter Beitrag.

    Ich bin zu 100 Prozent bei Ihnen bei dem, was Sie geschrieben haben. Weil Sie zu dem stehen, was Sie den Menschen vermitteln möchten und dafür auf das Geld pfeifen, das Ihnen Unternehmen für Kooperationen anbieten, um ihre fragwürdigen Produkte anzubieten. Sehr gut, richtige Einstellung.

    Ich hatte selbst erst vor Kurzem einen Werbeflyer von Ariel für ihre Waschmittelpods im Briefkasten – angeblich alles super nachhaltig. Ich dachte, ich krieg‘ ’nen Lachkrampf … . Mich verarschen diese Leute nicht. Aber es fallen leider auch genug andere Menschen auf diese Masche rein. Wenn ich nur alleine an die Plastikbox denke, die man da jedes Mal mitkauft … und dosieren kann man die Dinger auch nicht. Genug Chemie wird auch noch drin sein … . Note bei der Nachhaltigkeit für mich: 5 -. Bitte nachsitzen. Das einzige, was da wieder perfekt angesprochen wird, ist die Bequemlichkeit von einigen Konsumenten, die das Gefühl brauchen: „Und damit mache ich auch etwas für die Umwelt.“ Der Glaube versetzt dann manchmal auch Berg … . Aber Nachhaltigkeit sieht nun Mal anders aus.

    Ganz liebe Grüße,
    Yvonne Marks

      1. Oh ja, das kenne ich auch. Die können alle nicht lesen.
        Ich finde diese allgemeine Überflutung mit unnötiger Werbung total belastend.
        Liebe Grüße,
        Yvonne Marks

  2. EInfach nur großartig und GENAU das, was ich auch immer denke! Zugegeben wurde ich auch schon einmal hinters Licht geführt bzw. habe nicht gemerkt, wie ich eigentlich mit Grünfärberei betrogen wurde…habs aber schnell gemerkt bzw. nochmal durchdacht. Danke für den tollen Artikel!
    Darf man den teilen bzw. Fotos davon machen und posten?

  3. Klasse Artikel und so wahr. Ich hab gerade das Gefühl es wird immer mehr Verpackungen und Müll und Plastik anstatt weniger. Die Vera… einen doch die greewascher. Ich versuch was ich kann..

    Lg Ursula

  4. Sehr guter Artikel. So sehe ich es als Follower auch. Was soll das gereden von Öko und Nachhaltigkeit, wenn dann eine Werbung zur Aufforderung zum Kosumieren kommt. Wir konsumieren schon viel zu viel. Bald bieten Unternehmen die Möglichkeit an fürs Nichtkonsumieren zu bezahlen. Es muss insgesamt eine neue Richtung geben. Nicht mehr und mehr, schneller und weiter, sondern bewußter und natürlicher durchs Leben gehen! Wenn es eine einfache Lösung geben würde hätte sie bestimmt schon jemand gefunden und Millionen dran verdient

    1. Dinge länger nutzen, Sachen reparieren anstatt Wegwerfen, Dinge teilen/im Bekannten-/Freundeskreis ausleihen, Sachen die man selbst nicht mehr braucht verschenken/verkaufen/spenden anstatt sie wegzuwerfen, weniger und bewusster konsumieren … . Das wäre der richtige Weg, aber der ist nicht um Sinne der Industrie und des Handels – leider.
      Ich bin auch nicht perfekt und habe selbst noch einen weiten Weg vor mir, aber ich gehe ihn wenigstens schon.
      Meine Kids bekommen sehr oft gebrauchte Kleidung geschenkt, die so wenigstens aufgetragen wird und wenn Neues gebraucht wird, ist es fair und ökologisch produziert. Wir lassen unsere Sachen solange reparieren, wie es geht. Ich stelle meine Haushaltsreiniger selbst her. Alte, untragbare Kleidung oder Handtücher werden zerschnitten und noch als Lappen für Heimwerkerarbeiten oder als Reinigungstücher genutzt oder zum Reparieren anderer Kleidungsstücke genutzt. Ich könnte die Liste noch um einiges erweitern.
      Anders herum fahren wir immer noch einen Diesel, weil wir uns kein Elektroauto leisten können und ich jeden Tag 112 km Wegstrecke bis zur Arbeit und wieder nach Hause habe. Und auch der Plastikverbrauch kann noch weiter gesenkt werden. Aber da arbeite ich ständig dran.
      Wenn es Kooperationen mit Repair-Cafes, Shops für neue/gebrauchte zertifizierte Öko-Produkte oder Tausch-/Leihbörsen für Maschinen oder ähnliche Dinge geben würde, dann würde ich das befürworten. Aber nicht für Großkonzerne, die Greenwasching betreiben wollen.
      Liebe Grüße,
      Yvonne Marks

  5. Liebe Frau Schubert,

    Ich folge Deinem Instagram-Account seit etwa einem Jahr, weil ich ihn so authentisch finde! Und dieser Blogartikel trifft es wirklich auf den Punkt!

    Ich habe mich kürzlich über eine Bloggerin/ Influencerin geärgert, die davon spricht, nachhaltig und sparsam zu leben, aber gleichzeitig Möbel online bestellt und reihenweise Fair-Trade Mode geschenkt bekommt, obwohl die auch neu produziert werden muss. Hab mich nicht getraut, ihr zu schreiben, dass ich darin einen Widerspruch sehe – aber das hier zu lesen, motiviert mich nun doch dazu!

    Danke, für deine tollen Tipps, Anregungen und Gedanken! Tut mir leid, dass man damit kein Geld verdient, denn das ist sicher sehr viel Arbeit. Aber ich freue mich wirklich jedes Mal sehr über deine Posts :)

    1. Liebe Lea,

      vielen Dank für die netten Worte.
      Siehste, dann hat es sich doch gelohnt, den Text zu schreiben. Wenn nur ein paar Menschen mutiger werden und Feedback geben, bringt das den anderen vielleicht zum Nachdenken!

      Alles Liebe, Frau Schubert

  6. Liebe Frau Schubert,

    ich fand Ihren Beitrag wieder sehr interessant, es wurde mir wieder einmal voll aus dem Herzen gesprochen und es trifft auch genau den Punkt.
    Auch bin ich sehr begeistert über die konstruktiven sehr guten Kommentaren. Es fällt doch auf, das es Ihnen gelungen ist, auf Ihrer Seite Menschen zu vereinen die wissen worauf es ankommt um etwas zu verbessern und die sich im Ramen ihrer Möglichkeiten auch darum bemühen. Also vielen Dank an Sie und machen Sie weiter so.
    Vielen Dank aber auch an Ihre Fangemeinde, der ich seit geraumer Zeit angehöre, und den sachlichen und konstruktiven Feedbacks in einem respektvollen Tonfall, der ja heut leider auch nicht mehr überall an der Tagesordnung ist. Man sieht eben hier treffen sich Gleichgesinnte.

    1. Lieber Herr Neumann,

      vielen Dank für den Kommentar und Ihren Zuspruch.
      Ich finde, anhand der verfassten Zeilen erkennt man, dass sich nicht nur zivilisierte, an einem konstruktiven Austausch interessierte Menschen hier versammeln, sondern eben jene, die eine gute Bildung und Erziehung genossen haben :)

      Schön, dass Sie da sind!

    2. Hallo Herr Neumann,
      das positive Verhalten der „Fangemeinde“ möchte ich auch gerne mal ganz soll loben. Der Umgangston, der hier herrscht ist eindeutig ein anderer, als ich ihn sonst kenne. Und das gefällt mir auch sehr gut. Respekt und ein freundlicher Umgangston sind nicht mehr selbstverständlich heutzutage … leider. Aber hier merkt man wirklich, daß die Menschen, die diesen Blog lesen, etwas verändern wollen. Jeder nach seinen eigenen Möglichkeiten und je nachdem, wie es finanziell möglich ist. Aber alle gehen ihren Weg und man lässt sie auch. Selbst Kritik kommt eher konstruktiv und positiv rüber. Das finde ich toll.
      Ganz liebe Grüße,
      Yvonne Marks

  7. Liebe Frau Schubert,
    herzlichen Dank für diesen gelungenen Artikel. Sie sprechen mich unglaublich an und Ihre Beiträge inspirieren mich immer sehr. Besonders gefällt mir Ihre Authentizität und dazu gehört für mich auch Ihr Umgang mit Werbeanfragen. Ich freue mich schon auf Ihren nächsten Artikel! Herzliche Grüße!

  8. Hallo Frau Schubert, mir hat dieser Artikel sehr gut gefallen. Endlich jemand der auch so Krass ( so wird es mir teilweise unterstellt) denkt. Ich lese nicht mehr in vielen Blogs da in vielen nur noch Sachen vorgestellt werden die gesponsert werden. Wie kann jemand bei geschenkten Sachen objektiv urteilen. Ich kaufe schon seit Jahren kaum noch Sachen die in Plastik verpackt sind. Lebe Vegetarisch und versuche meinen Konsum einzuschränken. Zu lesen das auch viele andere dies tun freut mich werde Ihren Blog weiter verfolgen.
    Grüße an alle Elvira

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